Krafttraining für ein Aktives Alter


Um stark im Leben zu stehen, sollte ein regelmäßiges Krafttraining für ältere Erwachsene durchgeführt werden. Wir empfehlen ein Basis-Kraftrainingsprogramm mit Kurzhanteln – die BIG FIVE plus! Hören Sie auf den eigenen Körper. Die Regeneration beim älteren Sportler dauert länger als beim jüngeren.

Von Dr. med. Tobias Frank

Warum ist Krafttraining für den älteren Menschen wichtig?

Das T des A-K-T-I-V:2 – Rezepts bedeutet tägliches Athletiktraining. Ein athletischer Körper ist stark, schnell und geschmeidig. Hierfür ist ein Training der Muskulatur, der Ausdauer und der Beweglichkeit entscheidend. Die Wertigkeit eines Muskelkraftrainings wird allgemein unterschätzt. Der Fokus vieler ärztlicher Empfehlungen liegt noch auf dem Ausdauertraining.

Um stark im Leben zu stehen, sollte ein regelmäßiges Krafttraining für ältere Erwachsene durchgeführt werden. Richtig angewendet steigert es nicht nur die Kraft, sondern auch Beweglichkeit und die kardiopulmonale Ausdauer. Letzteres wird auch mittrainiert, weil die Ausdaueraktivitäten mit einem signifikant geringeren Prozentsatz der maximalen Willküranspannung erfolgen.

Schon nach kurzer Zeit verbessert sich durch ein Krafttraining auch das Körpergefühl und alltagsorientierte Handlungen fallen zunehmend leichter. Das Öffnen einer Tür, der Schulterblick beim Autofahren, das Heben von Einkauftaschen oder das Aufstehen aus dem Sessel – ein Leichtes für Aktive! Grund ist, dass wir mit einem mehrgelenkigen Kraftraining den Bewegungsumfang unseres Körpers deutlich steigern. Normalerweise nutzen wir nur ca. 5-10% unseres Bewegungsausmaßes. Viele mögliche Körperpositionen fallen im Alltag weg. Zum Beispiel: tief in die Hocke gehen, die Hüftgelenke überstrecken, den Rumpf in sich drehen, die Arme nach oben in alle Richtungen, den Kopf seitlich beugen.

Wir versprechen Ihnen, dass sich durch ein regelmäßiges Kraftraining in Kürze auch ihr Selbstbild und die Lebensqualität steigern werden. Die innere Zufriedenheit verbessert sich und das Auftreten von psychischen oder mentalen Erkrankungen wird signifikant reduziert.

Die Steigerung der Muskel- und Knochenmasse vermindert außerdem das Risiko einer Osteoporose und der gefürchteten Sarkopenie im Alter. Bei Sarkopenie handelt es sich um einen Rückgang der Muskelmasse, was zu einer reduzierten Kraft im Alter führt. Immer mehr Erkenntnisse weisen darauf hin, dass die Sarkopenie den Alterungsprozess und auch Krankheitsprozesse dramatisch beschleunigt.

Welche Art v. Krafttraining sollte ich durchführen?

Grundsätzlich kann man myofibrilläres von sarkoplasmatischem Krafttraining unterscheiden. Während das myofibrilläre Training primär Kraft aufbaut, kommt es beim sarkoplasmatischen Training zu einer stärkeren Muskelhypertrophie (Bodybuilding). Wir werden ihnen die Prinzipien eines myofibrillären Trainings näherbringen.

Gute Kraftübungen sollten

  • funktionell,
  • mehrgelenkig und
  • anstrengend

sein. Außerdem beanspruchen sie möglichst viel Muskelmasse. Funktionell ist die Übung, wenn sie sich an mehreren alltagsrelevanten Bewegungsabläufen orientiert. Mehrgelenkig ist eine Übung, wenn sie mehr als eine Muskelgruppe betrifft. Kraftübungen sollten anstrengend und progressiv, also mit zunehmenden Gewichten, durchgeführt werden. Dabei sollte beim älteren Sportler eher auf eine geringere Maximalanspannung geachtet werden, da die Regeneration und der Kraftaufbau langsamer als beim jungen Sportler erfolgt.

Welche Übungen machen mich stark im Leben?

In Anlehnung an die sog. „Big Six“ – Übungen, welche in Variationen schon von Arnold Schwarzenegger angewendet wurden, empfehlen wir Ihnen ein Basis-Kraftrainingsprogramm mit Kurzhanteln. Andere mögliche Trainingsformen, z.B. Übungen mit Eigengewicht (Calisthenics), behandeln wir an anderer Stelle.

Das Training mit Kurzhanteln hat folgende Vorteile:

  • günstige Anschaffung
  • auf engstem Raum und in der Regel in jedem Hotel auch auf Reisen durchführbar
  • mehrgelenkig
  • funktionell
  • jede Übung ist immer mit einer Anspannung der Rumpfmuskulatur verbunden („Rumpf ist Trumpf!“)

Kraftübungen an Geräten haben den Vorteil, dass sie weniger Verletzungen erzeugen, da sie sehr sicher durchgeführt werden können. Gerade bei vorbestehenden Gelenker- oder Muskelkrankungen kann so ein Isolationstraining vorübergehend sinnvoll sein.

Die BIG FIVE plus bestehen aus 5 Grundübungen. Sobald eine gewisse Athletik aufgebaut ist, sollten die Übung um die Königsdisziplin des Krafthebens ergänzt werden: dem Olympischen Gewichtheben.

Welches Gewicht sollte ich wählen?

Es sollte ein Gewicht gewählt werden, bei dem 3-6 Wiederholungen möglich sind. Die letzte Wiederholung sollte schwierig sein, aber noch gut zu schaffen. Übungen mit schweren Gewichten und wenigen Widerholungen bauen Kraft auf bei tendenziell geringerer Muskelhypertrophie, während Übungen mit geringerem Gewicht, aber vielen Wiederholungen primär zu einer Muskelhypertrophie bei geringerem Kraftaufbau führen.

Wenn sie mit Kraftübungen beginnen, sollte Sie sich 3 unterschiedliche Gewichte zulegen. Ausgehend vom Grundgewicht für die Schulterpresse (100%) ergeben sich ungefähr das 1.5-fache (150%) und 2.0-fache (200%) Gewicht für die weiteren Übungen.

Übliche Gewichte zu Beginn für Frauen wären 2.0, 3.0 und 4.0 kg. Für Männer 3.0, 5.0 und 7.5 kg. Sie sollten sich ggf. im Fachgeschäft beraten lassen und die Gewichte ausprobieren. Einige Gewichte sind auch nicht erhältlich. Achten Sie aber auf das o.g. Verhältnis. Kaufen Sie zu Beginn eher nicht zu schwere Gewichte. Dadurch gewährleisten Sie, dass die Übungen von Anfang an sauber durchgeführt werden. Eine gute Übersicht über Hanteln findet sich auch hier.

Denken Sie aber auch daran, dass Sie sehr schnell Fortschritte machen werden und dann neue Hanteln benötigen. Hier könnten sog. Systemhanteln oder Hantelscheiben von Vorteil sein. Allerdings muss man dann zwischen den Übungen ggf. die Scheiben wechseln, wenn man nur eine Stange hat. Das empfehlen wir nicht, da es zu viel Zeit kostet.

Es ist wichtig, dass eine allmähliche Progression (zunehmende Gewichte) stattfindet, denn das Potenzial der Kraftanpassung ist auch beim älteren Sportler hoch. Die Gewichte sollte mindestens alle 3 Monate erhöht werden, sofern Sie die Übung sauber beherrschen.

Wir oft sollte ich das Krafttraining durchführen?

Im ersten Trainingsjahr wird man mit unserem Grundprogramm ausreichend Kraft aufbauen und athletischer werden. Mit zunehmender Kraft kann es sinnvoll eine sog. Periodisierung des Trainings vorzunehmen, was wir an anderer Stelle behandeln werden.

Zu Beginn des Trainings werden 3 Wiederholungen bereits dazu führen, dass Kraft aufgebaut wird. Ziel sollte es aber sein, 6 Wiederholungen sauber durchzuführen. Außerdem sollten die Bewegungen immer langsam durchgeführt werden.

Gewöhnen Sie sich an, täglich zu trainieren, z.B. im Rahmen einer Morgenroutine. Sie werden deutlich aktivierter und selbstbewusster in den Tag starten. Gehen Sie unser Programm in der aufgeführten Reihenfolge durch und machen Sie das Programm noch einmal. Sie werden ca. 15 Min. trainieren. Die täglichen Übungen sind primär dazu gedacht, die Kraft zu erhalten. An diesen Tagen können Sie ergänzende Einheiten wie Ausdauertraining oder Faszientraining machen.

Der ältere Sportler benötigt nach einem anstrengenden Training längere Ruhepausen. Daher sollten Sie nur einmal pro Woche ein härteres Training durchführen, um weiter Kraft aufzubauen. Gehen Sie unser Programm in der aufgeführten Reihenfolge durch. Machen Sie je 6 Wiederholungen pro Übung. Machen Sie das Programm insgesamt vier Mal. Sie werden ca. 30 Min. trainieren. Am Tag vor dem intensiven Krafttraining sollten Sie kein Ausdauertraining gemacht haben.

Zusammenfassung:

Tag 1-6: BIG FIVE plus 2 Sets, 5 Wiederholungen

Tag 7: BIG FIVE plus 4 Sets, 6 Wiederholungen

Die BIG FIVE Plus

Schulterpresse mit Kurzhantel (100%)

  1. Nehmen Sie eine Hantel in jede Hand und stellen Sie sich hüftbreit hin. Die Arme hängen gerade seitlich nach unten.
  2. Tief einatmen, Bauchmuskeln anspannen und das Zehen nach oben ziehen.
  3. Heben Sie die Hände auf Schulterhöhe, ohne die Ellenbogen nach hinten zu bewegen. Heben Sie dann die Arme hoch über den Kopf, halten Sie die Hände schulterbreit auseinander und die Hanteln während der gesamten Bewegung parallel zueinander, bis Sie die Ellbogen arretieren.
  4. Halten Sie inne und verlagern Sie dann Ihr Gewicht auf die Fersen, wobei Sie gleichzeitig Ihre Arme zur Decke strecken und Ihre Handgelenke leicht nach hinten kippen, so dass die Hanteln vorne höher liegen als hinten. Halten Sie Ihr Gleichgewicht zwei Sekunden lang.
  5. Lassen Sie in einer kontinuierlichen Bewegung die Spannung los, bringen Sie Ihre Füße in die Ausgangsposition zurück ohne die Ellbogen nach hinten zu bewegen, atmen Sie aus und entspannen sich.
Schulterpresse mit Kurzhantel
Schulterpresse mit Kurzhantel

Rumpfflexion mit angehobene Beinen

  1. Legen Sie sich flach auf den Rücken, die Arme über den Kopf gestreckt und die Beine gerade in der Luft
  2. Tief einatmen, Bauchmuskeln anspannen und die Zehen Richtung Gesicht ziehen.
  3. Heben Sie Arme und Kopf an, bis Sie die Zehen berühren, und halten Sie inne.
  4. Strecken Sie Ihre Arme noch ein paar Zentimeter über Ihre Zehen hinaus, während Sie Ihre Unterleibsmuskeln weiter anspannen.
  5. Lassen Sie in einer kontinuierlichen Bewegung die Spannung los, bringen Sie Kopf und Arme in ihre ursprüngliche Position und atmen Sie aus und entspannen sich.
Rumpfflexion mit angehobene Beinen
Rumpfflexion mit angehobene Beinen

Rumpfextension

  1. Legen Sie sich auf den Bauch, die Arme zur Seite, die Handflächen nach oben und den Kopf zur Seite.
  2. Tief einatmen, Bauch- und Gesäßmuskeln anspannen.
  3. Halten Sie Ihre Arme entspannt, Hände und Füße berühren den Boden. Heben Sie Ihren Oberkörper an und drehen Sie dabei Ihr Gesicht nach unten. Machen Sie eine Sekunde Pause.
  4. Heben Sie Ihren Oberkörper noch ein oder zwei Zentimeter an, indem Sie ihn in der Taille etwas mehr vom Boden anheben.
  5. Senken Sie Ihren Oberkörper in einer kontinuierlichen Bewegung auf den Boden ab, drehen Sie Ihren Kopf in die entgegengesetzte Richtung und atmen Sie dann aus, während Sie Ihre Bauch- und Gesäßmuskeln entspannen.
Rumpfextension
Rumpfextension

Kniebeuge mit Kurzhantel (200%)

  1. Stellen Sie sich schulterbreit hin. Die Hantel liegt auf den Schultern ruhend unter dem Kinn. Die Ellbogen sind nach vorne gerichtet.
  2. Tief einatmen, Bauchmuskeln anspannen und die Zehen nach oben ziehen.
  3. Langsam mit geradem Rücken in eine Hockstellung absenken, ohne sich nach vorne zu beugen, die Ellbogen abzusenken oder die Fersen anzuheben. In dem Fall Absenken beenden.
  4. Dann stehen Sie sofort wieder gerade auf.
  5. Atmen Sie aus, und Entspannen Sie Ihre Zehen.
Kniebeuge mit Kurzhantel
Kniebeuge mit Kurzhantel

Kreuzheben mit Kurzhantel (150%)

  1. Nehmen Sie eine Hantel in jede Hand und stellen Sie sich schulterbreit hin. Die Füße sind in einem Winkel von 45 Grad nach außen abgewinkelt. Die Arme hängen gerade vor sich nach unten.
  2. Tief einatmen, Bauchmuskeln anspannen und die Zehen nach oben ziehen.
  3. Beugen Sie sich nach vorne, bis die Kurzhanteln den Boden berühren. Dabei Rücken gerade lassen. Wenn der Rücken krumm wird, sofort wieder aufrichten. Ggf. eine Ablagebank benutzen.
  4. Richten Sie sich auf und spannen Sie die Gesässmuskulatur an.
  5. Wenn Sie wieder gerade stehen, stellen Sie sich auf die Fußballen und heben Sie gleichzeitig die Schultern Richtung Ohren, halten Sie diese Pose zwei Sekunden lang.
  6. Lassen Sie in einer kontinuierlichen Bewegung die Spannung los, bringen Sie Ihre Füße in die Ausgangsposition zurück, atmen Sie aus und entspannen sich.
Kreuzheben mit Kurzhantel
Kreuzheben mit Kurzhantel

Plus: Olympisches Gewichtheben mit Kurzhantel (100%)

  1. Nehmen Sie eine Hantel in jede Hand und stellen Sie sich schulterbreit hin. Die Füße sind etwas nach außen abgewinkelt. Die Arme hängen seitlich nach unten.
  2. Tief einatmen, Bauchmuskeln anspannen und die Zehen nach oben ziehen.
  3. Heben Sie in einer kontinuierlichen Bewegung, ohne die Ellbogen nach hinten zu bewegen, die Kurzhanteln parallel zueinander an, bis sie sich auf Kinnhöhe befinden, und drehen Sie dann die Arme nach hinten.
  4. Gehen Sie so weit in die Hocke wie möglich, ohne sich nach vorne zu beugen oder die Fersen anzuheben. In dem Falle umgehend mit 5. fortfahren.
  5. Drücken Sie in der Hocke die Hanteln über den Kopf, bis die Ellenbogen einrasten.
  6. Dann stehen Sie sofort mit gestreckten Armen wieder gerade auf.
  7. Senken Sie die Kurzhanteln in einer kontinuierlichen Bewegung auf Kinnhöhe ab, drehen Sie die Arme nach vorne und senken Sie die Arme in die Ausgangsposition ab, ohne die Ellbogen nach hinten zu bewegen. Atmen Sie aus und entspannen sich.
Olympisches Gewichtheben mit Kurzhantel
Olympisches Gewichtheben mit Kurzhantel

Besonderheiten und Tipps für ältere Sportler

  • Hören Sie auf den eigenen Körper.
  • Ältere Sportler scheinen anfälliger für bestimmte Verletzungen zu sein, z.B. Entzündungen im Bereich der Gelenke und Sehnenansätze.
  • Die eingesetzten Belastungen sollten bei Symptomen (Schmerzen) variiert werden (z.B. leichter, moderater und sorgfältiger Einsatz schwerer Lasten). Schmerzen nicht ignorieren. Ein leichter Muskelkater nach dem Intensivtraining ist aber in Ordnung.
  • Akute innere Erkrankungen immer erst auskurieren (z.B. Infektionen). Bei schweren chronischen Erkrankungen mit dem Hausarzt den Belastungsgrad festlegen. Aber auch nicht unterfordern.
  • Bei chronischen Gelenkerkrankungen (Polyarthrosesyndrom) kann eine örtlich aufzutragende Creme/Salbe (z.B. Diclofenac, Beinwell, Celadrin, Teufelskralle) den Bewegungsumfang und die körperliche Leistungsfähigkeit verbessern.
  • Ernährung ist ein Faktor, den ältere Sportler zur Steigerung ihrer Leistungsfähigkeit und Verbesserung ihrer Gesundheit einsetzen sollten.
  • Zur Unterstützung der Eiweißsynthese sollten essenzielle Aminosäuren und Kohlenhydrate etwa 30 Minuten nach dem Intensivtraining zugeführt werden (z.B. in Form eines Eiweiß-/Beerenshakes).
  • Eine ausreichende Zufuhr von Vitaminen, Mineralien, Mikro- und Makronährstoffen ist für eine optimale Regeneration wichtig.
  • Die Regeneration kann durch intermittierende Kälteexposition verbessert werden, z.B. durch Wechselduschen nach dem Training.

Hinterlasse einen Kommentar